Pflegefachfrau im REHAB: «Wir sind ein familiäres Team – keine Fabrik»

Die Diplomierte Pflegefachfrau Irene Vicze ist im REHAB Basel Teil eines Teams, das querschnittgelähmte Menschen pflegt und begleitet.

Damit Patient*innen mit einer Querschnittlähmung zurück in die Selbständigkeit finden, braucht es die gebündelte Unterstützung vieler Fachpersonen. Im REHAB Basel arbeitet ein interprofessionelles Team an Pflegefachpersonen, Ärzt*innen und Therapeut*innen eng zusammen, um Patient*innen bei diesem Kraftakt zu unterstützen. Ein Teil dieses Teams ist die Diplomierte Pflegefachfrau und Wundexpertin Irene Vicze.

Nichts ist mehr, wie es einmal war. Sich selbst im Bett drehen – geht nicht. Sich vom Bett in den Rollstuhl hieven – geht nicht. Sich selbst waschen – geht nicht. Alleine aufs WC gehen - geht nicht. Wer eine Querschnittlähmung erlitten hat, ist ganz plötzlich komplett hilflos und auf die Unterstützung anderer angewiesen.

Wie sich Menschen nach dieser niederschmetternden Diagnose fühlen und wie sie sie begleiten muss, weiss die 38-jährige Pflegefachfrau Irene Vicze ganz genau. Sie arbeitet seit 15 Jahren auf Station 4 des REHAB Basel, wo sie querschnittgelähmte Menschen betreut.

«Zu Beginn geht es darum, den Patient*innen ganz vieles zu erklären» sagt sie. «Zum Beispiel, weshalb wir einen Katheter legen müssen, weshalb Einläufe nötig sind, worauf sie beim Transfer vom Bett in den Rollstuhl achten müssen und was bei der Pflege der Haut wichtig ist.» Die Liste an Dingen, die nach einer Querschnittlähmung anders sind, ist schier endlos.

Zeit für Gespräche

Um diesen Menschen gerecht zu werden, braucht es Einfühlungsvermögen und Geduld. Und es braucht Zeit, denn die Pflege ist sehr aufwändig. «Hier im REHAB bin ich täglich für drei bis vier Patient*innen verantwortlich. Es ist anders als in einem Akutspital, wo man fast wie am Fliessband arbeitet», sagt die Diplomierte Pflegefachfrau Irene Vicze.

Deshalb ist es auch möglich, sich für ein Gespräch mit einem Patienten Zeit zu nehmen und ihm die Fortschritte aufzuzeigen, wenn er zwischenzeitlich den Mut verliert. Oder es liegt drin, sich einen Moment mit den Kolleg*innen auszutauschen, wie die Therapie einer Patientin verbessert werden könnte.

Dass stets mehrere Personen über den Zustand eines Patienten Bescheid wissen, liegt an der interprofessionellen Zusammenarbeit, die im REHAB gepflegt wird. Es sind Ärzt*innen, Therapeut*innen wie auch Pflegefachpersonen, die den Patienten täglich sehen, ihn pflegen, mit ihm trainieren oder die nächsten Schritte festlegen. Und es wissen stets alle Pflegefachpersonen auf der Abteilung über die 17 Patient*innen Bescheid, da sie alle Patient*innen abwechselnd betreuen.

Die Fortschritte im Blick

Als Fachverantwortliche ist Irene Vicze auf Station 4 dafür zuständig, gemeinsam mit den Pflegefachpersonen die Fortschritte der Patient*innen im Blick zu haben. Alle drei Wochen wird mit diesen ein Ziel definiert - etwa, sich selbst vom Bett in den Rollstuhl zu bewegen oder selbständig die Blase entleeren zu können. «Ich unterstütze die Pflegenden bei der Umsetzung dieser Ziele und berate sie, wenn sie irgendwo anstehen.»

Auf Station 4 sind aber nicht nur Patient*innen, die zum ersten Mal im REHAB sind und alles neu lernen müssen. Viele sind auch wiederkehrende Patient*innen, die zum Beispiel ihr Gangbild verbessern wollen oder die wegen Schmerzen herkommen.

Bei querschnittgelähmten Menschen sind gerade Überbelastungen der Schultern und Hände nicht selten. Viele wiederkehrende Patient*innen leiden auch unter Dekubitus - unter Druckstellen, die zu schwer heilenden Wunden führen. «Das ist ein riesiges Thema bei Querschnittgelähmten», sagt Irene Vicze. «Sie spüren ja nicht, wenn eine Stelle zu lange oder zu stark belastet wird.»

Weiterbildung zur Wundexpertin

Um in diesen Fällen so kompetent wie möglich handeln zu können, hat sich Irene Vicze zur Wundexpertin ausbilden lassen. Während zehn Monaten hat sie innerhalb ihres 80 Prozent-Pensums eine Weiterbildung absolviert und gut 600 Stunden an Eigenstudium investiert. «Ich habe nur noch zwischen den Ordnern gelebt», sagt Irene Vicze.

Rückblickend kann sie darüber schmunzeln, doch es sei eine sehr strenge Zeit gewesen. Nebst der Betreuung ihrer zwei Kinder sei keine Zeit mehr für Hobbys geblieben. Jetzt ist dieser Meilenstein geschafft und sie hat enorm profitiert. «Jetzt habe ich einen ganz anderen Hintergrund. Ich weiss zum Beispiel über die Wundentstehung Bescheid, über das Material, das zur Verfügung steht und was in welchem Fall am besten hilft.»

Trotzdem nimmt sie regelmässig Rücksprache mit dem Wundteam im REHAB - der Weg dorthin ist nicht weit. «Das Haus ist überschaubar und wir kennen uns alle. Es genügt ein Anruf oder eine kurze Absprache, wenn wir uns auf dem Gang begegnen.» Dieser persönliche, unbürokratische Kontakt und die kurzen Wege sind mit ein Grund, weshalb Irene Vicze seit 15 Jahren im REHAB arbeitet. «Wir sind ein familiäres Team – keine Fabrik.” Zum Glück.

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